Louis Gentzik: Burpees in 3500 Meter Höhe.

OTZ Gera / Andreas Rabel

12. Sep 2023

Der deutsche Bahnvierer mit Louis Gentzik vom SSV Gera auf dem Oval in Cali. (Foto: Ralph Kuniß)
Der deutsche Bahnvierer mit Louis Gentzik vom SSV Gera auf dem Oval in Cali. (Foto: Ralph Kuniß)

Im Interview der Woche spricht Bahnradsportler Louis Gentzik über die WM in Cali, die Reisestrapazen und das Gefühl, ein WM-Finale verloren zu haben.

Louis Gentzik vom SSV Gera hat bei der Bahnrad-WM der Junioren in Kolumbien mit der Vierer-Mannschaft Silber geholt. Zudem wurde der 17-jährige Fuldaer, der in Erfurt am Sport­gym­na­sium bei Michael Beckert trainiert, in der Einzel­ver­fol­gung als Neunter Bester des jüngeren Junioren-Jahrgangs.

Sie sind mit dem Rad zu unserem Treffpunkt gekommen. Macht also schon wieder Spaß, in die Pedale zu treten?

So langsam komme ich wieder in Tritt. Die ersten Tage nach der Rückkehr aus Kolumbien waren schlimm. Ich hatte mit dem Jetlag zu kämpfen, die ersten drei Nächte habe ich drei Stunden geschlafen und bin dann herumgegeistert. Dann habe ich vierzehn Stunden durchgeschlafen und seither geht es wieder.

Wie hat es mit der Zeitumstellung vor Ort geklappt?

Na ja. Wir haben ja vorher ein wenig dafür trainiert, sind immer eine Stunde später ins Bett gegangen. Viel geholfen hat es aber nicht. Ich war müde – und einer der Letzten aus dem Team, der wieder in der Spur war.

Aber als es mit dem Bahn-Vierer an den Start ging, da waren Sie munter.

(Lacht!) Putzmunter. Aufgeregt zwar, weil ich die Atmosphäre einer WM in einer ausverkauften Arena noch nicht erlebt habe. Aber im Vorfeld habe ich mit einem Psychologen gearbeitet, er hat mir ein paar Methoden an die Hand gegeben, damit ich mit der Nervosität besser zurechtkomme. Das hat mir sehr geholfen.

Wie lief der Wettkampf?

Wir sind gut reingekommen, haben uns mit der zweitschnellsten Zeit für das Halbfinale qualifiziert. Wir hatten einen guten Rhythmus, sind technisch sauber gefahren, haben beim Wechsel die Kurven optimal ausgenutzt, um hinten wieder einzuscheren. Im Rennen gegen Neuseeland konnten wir ein paar Körner sparen, das Rennen wurde drei Runden vor dem Ende abgeschossen, weil wir die Neuseeländer eingeholt haben.

Und im Finale wurde der BDR-Vierer eingeholt.

Ja, es ging gegen Italien, die favorisierte Mannschaft. Die Italiener hatten bei ihrem EM-Sieg einen Weltrekord aufgestellt, die vier Jungs sind unheimlich stark. Doch wir wollten nicht einfach nur gut aussehen, vielleicht knapp verlieren. Wir sind auf Gold gefahren, für unsere Verhältnisse unglaublich schnell, doch die Italiener waren auch unglaublich schnell. Als unsere Kräfte nachließen, haben sie uns ausgangs der Kurve gesehen. Das gibt dir noch mal einen Schub und du kommst immer näher. So wie wir das gegen Neuseeland geschafft haben, so haben das die Italiener gegen uns geschafft.

Die Enttäuschung war groß nach dem verlorenen WM-Endlauf?

Die erste halbe Stunde nach dem Rennen waren wir nur traurig und enttäuscht. Manchmal fühlt sich ein dritter Platz sogar besser an, weil du mit einem Erfolgserlebnis aus dem Turnier gehst. So nach und nach kam dann doch Freude auf bei uns. Vizeweltmeister ist ja auch was – und wir haben versucht, nach Gold zu greifen.

Wie fällt die Rückschau auf Ihre ersten Titelkämpfe aus?

Die Zeit in Kolumbien war wahnsinnig toll. Es war meine erste WM, das wird mir immer in Erinnerung bleiben. Wir sind als Team enorm zusammengewachsen. Das hat mir wieder gezeigt, dass Leistungssport ohne Zusammenhalt und Kameradschaft einfach nicht geht. Allein ist man nichts.

In der Einerverfolgung waren Sie dann aber auf sich allein gestellt.

Das stimmt, aber die Unterstützung im Team war einfach über­wäl­ti­gend. Meine Leistung war mit einer Zeit von 3:13 Minuten in Ordnung. Ich war der Schnellste im jüngeren Juniorenjahrgang. Doch es gibt schon noch einiges zu verbessern.

Zum Beispiel?

Wenn die Kräfte nachlassen, dann sitze ich nicht mehr in der zuvor erarbeiteten optimalen Position auf dem Rad, das kostet dann noch einmal Zeit. Ich arbeite daran, das Training läuft wieder. Die deutsche Meisterschaft steht in diesem Jahr noch auf dem Programm.

Haben Sie in Kolumbien außer die Radrennbahn auch noch etwas anderes gesehen?

Auf der Rückreise hatten wir zehn Stunden Aufenthalt in Bogota und da sind wir mit einer Seilbahn hoch hinaus und konnten in der Abenddämmerung über die Stadt blicken. Und unser Physio hat uns gleich mal paar Übungen machen lassen. Burpees in 3500 Meter Höhe – auch eine Erfahrung. (OTZ/A.Rabel)


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