UCI-Kommissär Magiera: Mehr Stopper als Starter.
OTZ Gera / Andreas Rabel
06. Mär 2020
- Der Geraer Christian Magiera ist seit 2009 UCI-Kommissär
(Foto: Peter Michaelis)
Christian Magiera ist bereit für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio...
Ob die Sachen passen? Er weiß es nicht. Christian Magiera wartet, dass die Post klingelt. Der Geraer hat seine Einkleidung für seinen Einsatz bei den Olympischen und Paralympischen Spiele im Sommer in Tokio bestellt - per Katalog. Und rasch musste er feststellen, „das mit den Größen ist wohl japanisch ausgelegt“. Nach Rücksprache mit seinem irischen Jurykollegen, der vor ähnlichen Problemen stand, füllte der Geraer seine Bestellliste nach bestem Wissen und Gewissen aus und wartet nun auf das Überraschungspaket.
Die Vorfreude auf seinen ersten olympischen Einsatz wird das kleine Konfektionsproblem nicht trüben. Der 38-Jährige ist als Starter der olympischen Bahnradrennen und als Chef der Jury bei den Paralympics-Wettkämpfen im Einsatz im neu erbauten Izu Velodrome, das 120 Kilometer von Tokio entfernt liegt. Die Bahnrad-Weltmeisterschaften in Berlin in der vergangenen Woche galt als olympische Generalprobe für das Jury-Team. „Es lief rund in Berlin. Wir sind inzwischen ein eingespieltes Team, können uns aufeinander verlassen“, sagt Christian Magiera und nennt ein Bespiel für das reibungslose Miteinander. Als im kleinen Keirin-Finale (Plätze 7 bis 12) eineinhalb Runden vor Schluss zwei Fahrerinnen auf der Gegengeraden stürzten, musste er sich auf das Urteilsvermögen seiner russischen Jurykollegin verlassen. „Die Sicherheit der Sportler geht natürlich vor, doch wenn es geht, soll ein WM-Rennen sportlich entschieden werden.“ Christian Magiera stoppte das Rennen nicht - die richtige Entscheidung. „Die gestürzten Fahrer lagen weit genug vom Bahnrand entfernt weg und behinderten den Rennablauf nicht.“
Seine Funktion bei den olympischen Bahnrennen wird als Starter bezeichnet. Mit lautem Knall seiner Pistole schießt er die Rennen an, „aber eigentlich bin ich eher ein Stopper, als ein Starter“. Falls etwas nicht regelkonform läuft, dann schießt er das Rennen ab und hofft, dass er das nicht oft tun muss. Muss es passieren, „hast du einen Freund und einen Feind“, sagt er. Das muss man aushalten können, dass die Entscheidungen der Jury ein geteiltes Echo finden. „Wir können nicht in die Köpfe der Sportler schauen - und müssen dann auch in einem gewissen Maße subjektiv entscheiden. Da hilft nur Selbstvertrauen und Routine. Eins ist klar: Die Entscheidung der Jury geht um die Welt - vor allem bei Olympia.“ Als er 2015 in Frankreich einer französischen Sportlerin die Bronzemedaille im Scratchrennen aberkennen musste, weil sie ihrer Kontrahentin ins Rad gefahren war, „da hatte ich in der Halle erst einmal keine Freunde mehr“.
Seit 2009 ist er UCI-Kommissär, reist in Sachen Radsport um die Welt, auch 2020 geht sein Urlaub für seine Jury-Einsätze komplett drauf, da gibt es selbst vom Thüringer Radsport-Verband keinen Sonderurlaub oder unbezahlt freie Tage für seine ehrenamtliche Arbeit. Nach dem Ende der Paralympics wird der Geschäftsstellenleiter des Thüringer Radsport-Verbandes via Flughafen Berlin mit der Bahn nach Erfurt zur Arbeit fahren.
Und so wird er im Sommer zweimal nach Japan fliegen, erst zu den Olympischen Spielen, mit zwei Wochen Abstand zu den Paralympics. Christian Magiera freut es, dass er nicht der einzige Geraer in Japan ist. Robert Förstemann wird mit dem stark sehbehinderten Kay Kruse im Tandem starten. Bei der WM in Milton hat das neu formierte Tandem mit Bronze das Ticket gelöst.
Die WM in Milton war eine besondere, die Rekordtitelkämpfe schlechthin. Es sei schon am ersten Tag losgegangen, fünf Weltrekorde und zur Hälfte der Titelkämpfe machte die Frage die Runde: Was ist eigentlich Weltrekord an Weltrekorden bei einem UCI-Wettbewerb? Die Antwort: 27. Am Ende der WM in Kanada standen 35 Weltrekorde zu Buche. „Das zeigt, wie rasant und dynamisch sich der Handicap-Sport entwickelt.“
Als Kommissär reiste er in dieser Saison an einige Brennpunkte der Welt. Beim Weltcup in Hongkong erlebte er hautnah die Proteste der Einheimischen gegen die Regierung in Peking. Als er in Brisbane war, sah er am Himmel, dass es lichterloh brannte im Land.
Und das Corona-Virus macht nirgendwo Halt - auch vor Berlin und dem Radsport nicht. Der spätere Madison-Sieger Michael Morkov hatte die UAE Tour, ein World Tour Rennen durch die Vereinigten Arabischen Emirate, vorzeitig verlassen, um bei der WM zu starten. Nach seiner Abreise wurde die UAE-Tour komplett unter Quarantäne gestellt, nachdem zwei italienische Mechaniker positiv getestet wurden. Einen weiteren Corona-Fall gab es in Abu Dhabi aber nicht, das Gesundheitsministerium gab größtenteils Entwarnung. Morkov war in Berlin in ein Hotel gefahren, hatte sich selbst in Quarantäne begeben, und auf einen Test gewartet. Ein paar Tage später raste er mit seinem dänischen Landsmann Lasse Norman Hansen zu WM-Gold im Madison.
Berlin ist Geschichte. „Eine tolle WM mit toller Stimmung und deutschen Erfolgen - das bleibt in Erinnerung. Die Emotionen wirken nach“, sagt Christian Magiera. Olympia 2020 kann kommen. Der Urlaub ist eingereicht, die Flüge gebucht - alles andere liegt nicht in seiner Macht. (OTZ/Andreas Rabel)
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