„Am Ende ist es zu wenig, was du getan hast“
Auch nach seiner aktiven Zeit blieb Lucas Schädlich dem Radsport treu – ein Glücksfall für den SSV Gera 1990 e.V.

SSV Gera / Presse

29. Dez 2017

Lucas Schädlich
Lucas Schädlich

Am liebsten würden alle Fußball spielen, einmal Profis werden und dann das große Geld machen. Anderen wiederum geht es wohl mehr um den Sport und da hängt man dann die Fuß­ball­schuhe an den Nagel und setzt sich dafür aufs Renn­rad.

Fußball spielen konnte Lucas Schädlich nicht schlecht, das weiß man beim FSV Zwickau. Immerhin übte er sich sechs Jahre lang darin, das Runde im Eckigen zu versenken.

Dass er zum Sport finden würde, war ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt. Seine Mutter spielte beim SC Karl-Marx-Stadt Volley­ball, sein Vater war Präsident und Sportdirektor beim Hand­ball-Zweitligisten BSV Zwickau.

Seinem Verein blieb Lucas Schädlich treu, wechselte 2000 aber vom Fußball in die Abteilung Radsport. Das sportliche Radeln ge­fiel ihm so gut, dass es zu seiner Leidenschaft wur­de. „Ich bin immer mit dem Rad zum Training ins Stadion ge­fah­ren, das hat mir mehr Spaß gemacht als der Fußball.“

Aus sportlicher Sicht wechselte er 2003 zum SSV Gera. Für seine Karriere eine wohl richtige Entscheidung, die später zu einem Glücksfall für den Verein werden sollte. Das war damals aber noch nicht absehbar.

Sportlich ging es bei ihm immer weiter aufwärts. So gehörte er dem Nationalteam Bahn an und war Teilnehmer bei den Ju­nio­ren­weltmeisterschaften. Als Junior feierte er erste Er­fol­ge, ge­wann die Internationale Cottbus-Rundfahrt, war Gesamt-Dritter der Bundesliga, wurde WM-Siebenter im Punkte­fahren.

So kam es für ihn, wie es kommen musste. Mit seinen Leis­tun­gen empfahl er sich für einen Startplatz im Thüringer Energie Team, dem er dann von 2007 bis 2010 angehörte. Auch dort ging es bei ihm sportlich weiter aufwärts und so hatte er keinen geringen Anteil daran, dass das Thüringer Rad­sport­team in all den Jahren die Bundesliga-Teamwertung gewann.

„Gera und das Thüringer U23-Team waren für mich die erste Adresse, also bin ich nicht nach Chemnitz sondern nach Gera gegangen.“ Ob es nun gut oder schlecht war, dass er im da­ma­ligen ­Thüringer Energie Team mit Tony Martin, Marcel Kittel und Patrick Gretsch fuhr? Er weiß es nicht. „Ich war bei den Besten dabei, aber es gab eben Bessere. Ich stellte mich in den Dienst der Mannschaft. Doch irgendwann verliert man den Sie­ger­instinkt.“ Nach seiner U23-Zeit fuhr er von 2011 bis 2012 beim Continentalteam NSP Ghost in Neckarsulm Seite an Seite mit Markus Fothen und Björn Thurau. „Eine schöne Zeit, die Rennen, die Begeisterung, die der Radsport in Belgien, Holland und Frankreich erfährt – es war einfach klasse.“ Zehn Jahre Leis­tungs­sport, die legt man nicht ganz so ohne weiteres ab. Wenn nicht sofort, dann wohl später muss man sich entscheiden. Lucas Schädlich musste sich entscheiden. Reicht es für eine Profikarriere? Für ihn stand allerdings fest, dem SSV Gera wird er weiter die Treue halten. Letztlich ent­schied er, auf seinen Körper zu hören und das Rennrad in die Ecke zu stellen.

Die Entscheidung wurde ihm durch Bernd Herrmann, Sport­direktor beim SSV Gera, erleichtert, der als Unternehmer und Haupt­sponsor dem damals 23-Jährigen die ent­spre­chen­de fi­nan­ziel­le Grundlage sicherte.

Schon seit längerem blickte man beim SSV auf andere Ver­ei­ne, die ihren Nachwuchs bereits mit jungen Jahren sich­te­ten. Im März 2012 hob Lucas Schädlich die Kids-AG des SSV Gera aus der Taufe. Es begann mit drei Kindern, darunter Lucas Küfner, der 2014 und 2016 die Ostthüringen Tour gewinnen konnte. Die AG wuchs zahlenmäßig von Woche zu Woche und das nicht zuletzt auch deshalb, weil die AG-Teilnehmer den Rad­sport in all seinen Facetten freudvoll und ohne Leis­tungs­druck erleben können. Im März 2013 gründete Lucas Schädlich die Abteilung Radsport beim SV Hermsdorf und betreut dort zwei Radarbeitsgemeinschaften. In den folgenden Jahren war er als Trainer in verschiedenen Altersklassen tätig und über­zeugte vor allem durch seine hohe Fachkompetenz. Als Trainer versucht er seinen Schützlingen die Grundtugenden des Rad­sports nahezubringen: Kampfgeist, Wille, Zu­sam­men­halt. „Als Radsportler, auch schon als Nach­wuchs­sport­ler, musst du dich selbst steuern“, meint er.

Wenn von einem lebenslangen Lernen gesprochen wird, dann trifft das im besonderen Maße auf Lucas Schädlich zu. Nach sei­nem Realschulabschluss an der Regelschule Otto Dix in Gera erwarb er erste praktische Erfahrungen bei seiner Tä­tig­keit in einem Gesundheitsstudio. Es folgte 2010 der Abschluss zum Staatlich geprüften Sportassistenten. 2012 legte er das Diplom zum Sportmanager des LSB Thüringen ab. Er ist im Be­sitz zahlreicher Lizenzen und seit Oktober 2017 studiert er an der Trainerakademie in Köln. Sein Ziel: Diplom-Trainer des DOSB.

„Mir ist es jederzeit wichtig, spezifischen Input zur Ver­bes­se­rung der Trainingsqualifikation zu erhalten. Mit einer fun­dier­ten Ausbildung, wie der Trainer- A Lizenz, möchte ich mein bereits vor­han­de­nes Wissen vertiefen. Desweiteren möchte ich mei­nen Horizont erweitern und ein besserer Trainer werden“, be­grün­det er den Entschluss für sein Diplom­studium.

Fleißig, diszipliniert und wissensdurstig, so hat Holger Weis­heit, Schulleiter der Otto-Dix-Regelschule, Lucas Schädlich noch heute in Erinnerung. „Mir ist Lucas als ein äußerst an­ge­neh­mer und sehr fleißiger Schüler in Erinnerung, der es fern seiner Familie im Internat in Gera sehr gut verstanden hatte, Schule und Radsport miteinander zu verbinden und so an seiner Zukunft zu arbeiten“, erzählt Holger Weisheit. Un­ver­ges­sen für ihn bleibt das zufällige Zusammentreffen an der Unterm­häu­ser Brücke und der gemeinsame Spaziergang ent­lang des Elster­damms am Sonntag vor dem Hochwasser 2013. „Mit Sorge um die Schule beobachtete er den steigenden Pegel­stand der Weißen Elster und auch danach erkundigte er sich nach dem Ausmaß der Schäden für die Schule.“ Dass Lucas noch immer aufs engste mit seiner Schule verbunden ist, obwohl er sie ja nur zweieinhalb Jahre besuchte, wertet der Schul­leiter auch Lucas Schädlichs Entscheidung, die Schule im Rahmen des von ihm mit initiierten Projektes „Fahrradtag der Geraer Schulen“ zur Pilotschule zu machen. Dieses neue Projekt soll erstmals in der zweiten Augusthälfte 2018 statt­fin­den.

Über zu wenig Arbeit kann sich Lucas Schädlich nicht beklagen und er ist auch keiner, der das tun würde. Jung, dynamisch, viel­seitig – so kennt man ihn. So hat er sich inzwischen einen Namen als Sportlicher Leiter der Apres Tour Gera gemacht. Was ihm die Sache erleicht: er hat nie den Kontakt zu seinen ehe­ma­li­gen Teamkameraden verloren und er pflegt diese auch intensiv weiterhin. Ausrichter dieses international besetzten Rad­sport­high­lights in Gera ist die S-Event Sport & Marketing UG, deren Mitgesellschafter er seit April dieses Jahres ist.

„Lucas verfügt über eine hohe sportfachliche Kompetenz. Er ver­fügt über ein sehr gutes Netzwerk zu den Profis, obwohl er schon länger nicht mehr aktiv ist. Ich habe ihn als einen sehr inno­va­ti­ven Menschen mit vielen neuen Ideen kennen gelernt. Manch­mal ist er unbequem und nicht immer kann man sein Vor­ge­hen gleich nachvollziehen. Dennoch, am Ende war es immer ein Gewinn für S-Event und den Radsport im SSV Gera“, so S-Event Geschäftsführer Bernd Herrmann.

Seit März 2014 ist Lucas Schädlich auch Vorsitzender der Thüringer Radsportjugend.

Auch wenn man nicht mehr so aktiv in die Pedale tritt, so man­che Radsportweisheit erweist sich auch danach noch nütz­lich. So gilt für Lucas Schädlich auch heute: „Jeden Kilo­me­ter, den du weglässt, jede Bergkuppe, die du nicht mit voller Pulle fährst, summiert sich – und am Ende ist es zu wenig, was du getan hast.“ Doch Lucas Schädlich kann zufrieden sein, es läuft gut beim SSV Gera und daran hat der heute 29-Jährige einen großen Anteil.

Lucas Schädlich ist aber nicht nur mit dem Rad gut drauf, er besitzt auch außergewöhnliche Laufqualitäten. Auch, wenn er bei den Laufveranstaltungen nicht immer gewinnt, ist ihm einer der Podestplätze meistens sicher.

Seine Vielseitigkeit ist seiner hohen Belastbarkeit, seiner großen Disziplin und seinem Willen zur Leistung geschuldet, die es ihm bisher ermöglicht haben, viele seiner eigenen Ziele zu er­rei­chen. Da absolviert er schon mal einen Marathon oder be­steigt den Kilimandscharo.

Eine wichtige Stütze bei der Verwirklichung seiner Ziele ist ihm sei­ne Freundin Marie-Therese Ludwig, die selbst über viele Jah­re erfolgreich in die Pedale getreten hat.

Was Lucas Schädlich nicht kennt, das ist Selbstzufriedenheit. Das Erreichte ist ihm Motivation zum Weitermachen. Vorerst steht ein erfolgreicher Abschluss seines Diplomstudiums für ihn im Vordergrund. Perspektivisch hält er aber vorerst am Standort Gera fest, möchte den Radsport hier weiterentwickeln.

Getrieben vom Reiz des Unbekannten, geht es ihm nicht nur um das Sportliche. In diesem Jahr war es der Renn­steig­marathon, im kommenden Jahr wird es ihn nach Nor­we­gen verschlagen, um dort den Nordpolarkreis zu er­for­schen.

Sein Förderer Bernd Herrmann sieht für den Wahlgeraer eine positive Perspektive, die durchaus auch beim Bund Deutscher Radfahrer liegen kann, auch wenn er es lieber sehen würde, dass er hier beim SSV Gera den Radsport weiter gestaltet.  (rs)


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