Bahnrad-WM: Enders rast mit Wut

OTZ / Michael Voss

24. Mär 2010

Der 23-jährige René Enders war enttäuscht. Bei den Deutschen Bahnmeisterschaften 2009 erreichte er das Finale nicht. (Foto: OTZ/Alexander Volkmann)
Der 23-jährige René Enders war enttäuscht. Bei den Deutschen Bahnmeisterschaften 2009 erreichte er das Finale nicht. (Foto: OTZ/Alexander Volkmann)

"Nein, die Welt stürzt nicht ein", sagt René Enders. Auch, dass die Halle im Kopenhagener Vorort Ballerup zusammenkracht - wie es 2003 wegen großer Schneemassen passierte - glaubt der Erfurter nicht. "Aber enttäuscht und wütend bin ich schon", sagt der 23-Jährige.

Kopenhagen. "Wütend im Allgemeinen - auf niemanden als Person", sagt das Kraftpaket vom Swe-Stadtwerke-Sprintteam und muss sich mit einer neuen Situation auseinandersetzen: Passiert kein plötzlicher Formeinbruch der anderen, ist Enders von seiner Lieblingsposition als Anfahrer im Teamsprint verdrängt und muss Donnerstag Abend zuschauen - wie der Geraer Robert Förstemann das deutsche Trio in der ersten Runde mit bis zu 78 km/h auf Hochtouren bringen will.
"Fairerweise muss ich sagen: Robert war diesen Winter immer entscheidende Hundertstel-Sekunden besser, hat sich seinen Platz verdient - ich muss eben in den nächsten Monaten im Training noch mehr ranklotzen", anerkennt Enders, der bei Olympia und WM jeweils zu Bronze gerast war. Nein, er hatte auf eine andere Konstellation gehofft: dass Förstemann nach ihm die zweite Runde spurtet. Der Schweriner Stefan Nimke als Schlusssprinter ist eh gesetzt. Stattdessen fährt nun Maximilian Levy an Zwei.
Der Cottbuser Keirin-Weltmeister galt lange als Wackelkandidat, weil er ein zu großes Loch zum Anfahrer Enders oder Förste-mann ließ. "Die Schnellsten, die am besten harmonisieren, sollen fahren", war das Kriterium für Bundestrainer Detlef Uibel, ebenfalls Cottbus. Was Enders mehr ärgert: Er wurde nicht für den attraktiven Keirin-Kampfsprint bei der WM nominiert. "Obwohl ich bei deutschen Meisterschaften dreimal in Folge auf dem Podest war und vor zwei Wochen in Polen gewann. Ich bekam einfach keine Chance auf einen Weltcup-Start."
Dafür darf er aber Freitag im Zeitfahren über 1000 m ran - diese Disziplin ist er seit 2008 nicht mehr gefahren. "Ich werde auch meinen Frust reinlegen" - die persönliche Bestzeit von 1:04,60 min "ist definitiv mein Ziel". Im Teamsprint solls aus Thüringer Sicht also Förstemann richten - der einst in Erfurt trainierte, nun für das Chemnitzer XXL-Team kurbelt und vom Berliner Emu Raasch trainiert wird. Das Verhältnis zu Enders, mit dem er im Vorjahr gemeinsam Bronze holte, bezeichnet der 24-Jährige als "fair und professionell - mal ist er vorn, mal ich." Doch der neue deutsche Anfahrrekord von 17,334 s für die ersten 250 m, vor Kurzem in Manchester aufgestellt, spräche nunmal für ihn. Zudem wird "Förste" am Wochenende im klassischen Sprint starten. Platz acht als Ziel.
Thüringen hat in Dänemark noch weit mehr Chancen: Die 19-jährige Erfurterin Kristina Vogel könnte - bei ihrem Comeback nach schwerem Verkehrsunfall - am Donnerstagabend mit der Pfälzerin Miriam Welte im Teamsprint mit ein wenig Glück gar zur ersten Frauen-Medaille rasen. Nur wenige Minuten später ist ihr Freund Michael Seidenbecher im Keirin dran, wenn der 25-Jährige - der wie Enders und Vogel vom "Sprint-Professor" Jochen Wilhelm gecoacht wird - sein Finalziel erreicht. Gleich einen Doppelstart legt Patrick Gretsch auf der Ballerup-Piste hin: "Ich danke meinem Team Columbia, dass es mir Freiräume für die Vorbereitung gab", sagt der 22-jährige Neuprofi.
Donnerstag misst sich der deutsche Meister mit den Weltbesten in der Einerverfolgung über 4000 m. Tags darauf soll er mit dem Vierer - unter anderem gemeinsam mit dem Dauerrivalen Robert Bartko (Potsdam) - unter die ersten Fünf und zu einer Zeit von 4:04 min fahren. So der Wille des Bundestrainers Andreas Petermann. Dies wäre drei Sekunden schneller als 2009, als der Vierer Sechster war. Über Straßenrennen holte sich Gretsch die Grundlage für die schweren Einsätze. In einem Zeitfahren konnte der Thüringen-Rundfahrt-sieger von 2008, der im Energie-Team groß wurde, gar Superstar Lance Armstrong bezwingen. Wenn das mal kein Fingerzeig ist. (TA/Michael Voss)


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