Wenn Radfahren zur Leidenschaft wird.
Zwei Geraer Radteams nonstop von Hamburg nach Berlin über 280 Kilometer.

16. Okt 2017

Wer lacht hat noch Reserven, das meinen wohl auch die Mitglieder im Team S-Event Radler: Christoph Mai, Lucas Schädlich, Bernd Herrmann, Ralph Jähn.
Wer lacht hat noch Reserven, das meinen wohl auch die Mitglieder im Team S-Event Radler: Christoph Mai, Lucas Schädlich, Bernd Herrmann, Ralph Jähn.

Sich einer Herausforderung stellen, Neues entdecken, Natur genießen – wer mit dem Rad unterwegs ist, wird reich beschenkt, erzählt man sich. Müssen es aber gleich 280 Kilometer am Stück sein?

Warum eigentlich nicht. Die Antwort gaben Lucas Schädlich, Bernd Herrmann, Christoph Mai und Ralph Jähn sowie Christian Röder, Christian Uhl, André Haupt und Steffen Metzner, die sich als S-Event Radler beziehungsweise als Kleinste Radgruppe vom SSV Gera auf den Weg von Gera über Leipzig, Braunschweig, Hannover in die Elbmetropole Hamburg begaben, um von dort aus nach Berlin zu radeln.

Bereits in 17. Auflage veranstaltete der Audax Club dieses Zeitfahren und das im normalen Straßenverkehr. Hamburg – Berlin ist ja auch kein normales Radrennen. Es ist kein Rennen, denn dafür müsste man die Straße absperren und vor allem alles Mögliche kontrollieren. Ganz ohne Regeln geht es dennoch nicht. So gilt die Straßenverkehrsordnung und die Fortbewegung erfolgt ausschließlich durch Muskelkraft. Eine echte Herausforderung für Radler, die das Radfahren als Hobby betreiben.

Nach 420 Kilometern und knapp sechs Stunden Fahrt in Hamburg angekommen, ging es erst einmal in die Pension, erzählt Lucas Schädlich. Eins selbst aktiv im Rennsattel gesessen, weiß er genau, auf was er sich am darauffolgenden Tag einlässt und welche Herausforderungen auf seine Mitfahrer zukommen. Bernd Herrmann kennt solche Herausforderungen. Zehn Mal ist er den Radmarathon Fichkona über 601 Kilometer gefahren und hat das Brevet Paris – Brest – Paris über 1200 Kilometer nonstop absolviert.

Sie wissen, es bedarf nicht nur Muskelkraft, sondern auch einen klaren Kopf. Da tat der Abendspaziergang entlang der Elbmetropole gut. „In der Pension wieder angekommen, wurde noch einmal alles für den folgenden Renntag besprochen. Wir waren guter Dinge und gingen beruhigt, aber auch voller Spannung auf das, was kommt, schlafen“, so Lucas Schädlich.

Es sollte ein anstrengender Tag werden. 5:45 Uhr Frühstück, dann die 15-minütige Fahrt bis zum Start, wo ihnen die Startunterlagen, die Startnummern, die Kontrollstellen und eine Wegbeschreibung ausgehändigt wurden.

„Vor den Start haben wir nochmals unsere Räder geprüft, Luft aufgepumpt, die Trinkflaschen aufgefüllt und Verpflegung eingepackt. Als S-Event Radler sind wir 7:25 Uhr gestartet, eine Minute vor uns die Kleinste Radgruppe vom SSV Gera. Die ersten fünf Kilometer noch mit Blickkontakt, dann sind wir an ihnen vorbeigezogen, waren danach aber beim Kreisverkehr falsch abgebogen. ´Hei hier geht’s lang`, riefen sie uns zu. Wieder zurück auf dem rechten Weg, hatten wir sie wieder vor uns. Gut 40 Kilometer sind wird dann zusammen gefahren, dann haben wir uns getrennt. Es ist wichtig, dass wir als Team in Berlin ankommen, ansonsten gibt es Strafminuten. So wird das Tempo durch den Langsamsten bestimmt und wir als das stärkere Team, legten dann zu. Nach 90 Kilometern am Kontrollpunkt bei Dömitz angekommen, wartete schon unser Verpflegungsmeister Patrick Renner, so konnten wir unsere Trinkflaschen wieder auffüllen und Wegzehrung fassen. Dies wiederholte sich dann bei Kilometer 185 in Havelberg. Hier stieg dann Steffen Metzner aus, so dass die Kleinste Radgruppe vom SSV Gera mit drei Rennern weiterfuhr, was am Ende einen Aufschlag auf die Fahrzeit von 30 Minuten bedeutete. Weiter ging es dann über Rhinow, Friesack Richtung Nauen und von dort aus direkt nach Berlin zum Ziel, dem Wassersportheim Gatow. Wir hatten Glück, hängten uns bei der Fahrt durch Berlin an eine größere Gruppe, die uns bis zum Ziel navigierte“, schildert Lucas Schädlich den Verlauf des Rennens.

Vor vier Jahren hatten die vier S-Event Radler sich schon einmal dieser Herausforderung gestellt. „Wir waren erstaunt darüber, wie wenig wir doch wiedererkannten“, so Lucas Schädlich. Es mag auch am Wetter gelegen haben, denn damals hat es fast nur geregnet. Die Temperatur lag diesmal bei 15 Grad Celsius, der Wind stand günstig, so dass die Renner teils mit Rückenwind fahren konnten. Und vor Berlin zeigte sich dann sogar die Sonne. Was eher als unangenehm empfunden wurde, waren die langen Alleen, was das Rennen eintönig erscheinen lässt. Um so wichtiger ist hier der Teamgeist, was in diesem Fall hieß, gemeinsam ankommen.

Im Ziel angekommen, blieb die Uhr bei 10:07:33 Stunden für das S-Event Team stehen, womit man in der selbst gesteckten Zeitvorgabe von 10 Stunden blieb. Die SSV-Radgruppe beendete das Rennen nach 12:22:17 Stunden.

Bei so langen Strecken gibt es schon Phasen, in denen es schlecht geht, dann aber doch wieder aufwärts, verrät Lucas Schädlich und meint. dass neben der körperlichen Kraft gut 70 Prozent Kopfsache ist. Dies bestätigt auch Christoph Mai, der weniger Möglichkeiten zur Vorbereitung hatte und dass Rennen durchstand, immer mit dem Ziel vor Augen, anzukommen.

Wichtig sei auch die Verpflegung, wobei dies bei jedem unterschiedlich sei, berichtet Lucas Schädlich und spricht von 2 bis 3 Brötchen, 3 bis 5 Powerriegel, 1 bis 2 Bananen sowie 4 bis 5 Trinkflaschen mit einem Iso-Drink, Wasser und auch Cola, um hellwach zu bleiben.

Teils gemeinsam, teils alleine hatte man sich auf dieses Radrennen vorbereitet. So unternahm Ralph Jähn längere Touren in den Dolomiten und trank vier Wochen keinen Alkohol. Bernd Herrmann war in Bulgarien unterwegs und Lucas Schädlich überquerte die Alpen. Zur Fitness trugen auch die S-Event Radtouren bei, wie beispielsweise zum Kyffhäuser, zum Brocken oder die Saale-Tour nach Naumburg wie auch die zahlreichen weiteren Ausfahrten an den Wochenenden.

Der Abend nach dem Rennen wurde dann im Hotel verbracht, wo an der Bar mit einem Glas Bier alles noch einmal ausgewertet wurde. Am nächsten Tag ging es dann 8:30 Uhr wieder in Richtung Gera.

Für alle Beteiligten war es ein Erlebnis, was keiner so schnell vergessen wird und vielleicht auch ein Ansporn für die jungen SSV-Radsportler sein kann, dass auch diejenigen, die sonst mit guten Ratschlägen am Bahn- oder Straßenrand stehen, sich selbst etwas abverlangen. Wobei es hier nicht unbedingt um den Sieg ging. „Einige kämpften schon verbissen, zogen an uns vorbei“, berichtet Lucas Schädlich. Und in der Tat, der Schnellste brachte die Strecke in 5:20:58 Stunden hinter sich.  (rs)

16. Okt 2017 Wenn Radfahren zur Leidenschaft wird.
Zwei Geraer Radteams nonstop von Hamburg nach Berlin über 280 Kilometer.
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