Abschied von Melanie Lenk vom SSV Gera: Opa weckte einst die Leidenschaft.

24. Mai 2014

Eine kleine Episode abseits der Rennstrecke: Beim Prolog der 12. Ostthüringen Tour am 16. Mai im Geraer Hofwiesenpark bedankten und verabschiedeten sich die Schützlinge der U11 bei ihrer Trainerin Melanie Lenk mit einer Torte. Tränen gab es auf beiden Seiten.  (Foto: Marcus Schulze)
Eine kleine Episode abseits der Rennstrecke: Beim Prolog der 12. Ostthüringen Tour am 16. Mai im Geraer Hofwiesenpark bedankten und verabschiedeten sich die Schützlinge der U11 bei ihrer Trainerin Melanie Lenk mit einer Torte. Tränen gab es auf beiden Seiten. (Foto: Marcus Schulze)



Melanie Lenk kämpfte mit den Tränen. Und verlor.

Als beim Prolog der Ostthüringen Tour am vergangenen Freitag völlig unerwartet ihre Radsportschützlinge samt einer rosafarbenen Torte - die ein essbares Gruppenbild zierte - vor der Trainerin des SSV Gera standen, überkamen sie die Gefühle. "Da ging die Staumauer auf", erinnert sich die 31-Jährige ein paar Tage später. Doch auch bei ihren radelnden Schäfchen kullerten die Tränen. In diesen intensiven Momenten im Geraer Hofwiesenpark, bei dem alle Zeichen auf Abschied standen, waren die großen Emotionen nicht auf der Rennstrecke zu finden - sondern daneben. Von der Geste der Nachwuchssportler sowie der kalorienhaltigen Überraschung sei sie völlig überrascht gewesen: "Ich habe mich sehr gefreut. Zudem betrachte ich es auch als Wertschätzung meiner Arbeit mit den Kindern."

Gut sieben Jahre war Melanie Lenk beim SSV Gera als Trainerin aktiv. Zu Beginn kümmerte sie sich um die Anfänger. Eben Kinder, die bis dato noch nie etwas mit dem Radsport zu schaffen hatten, höchstens in ihrer Freizeit auf einem Drahtesel saßen. "Den Kleinen das Abc des Radsports zu vermitteln, war eine ganz besondere Aufgabe", resümiert Lenk. Und dazu gehörte bisweilen auch hartnäckige Überzeugungsarbeit. Denn so mancher Radsport-Abc-Schütze wollte nach dem ersten Sturz auch schon mal das Rad in die Ecke stellen. 2012 übernahm sie schließlich das Kommando über die Jungen und Mädchen der U11.

Die ehrenamtliche und oftmals zeitintensive Tätigkeit als Trainerin sei ohne eine gehörige Portion Idealismus kaum zu schaffen. "Doch so funktioniert nun einmal ein Verein", so Lenk, die sich vom ersten Moment beim SSV geborgen fühlte. Zudem sei die Arbeit mit den Kindern eine gute Vorbereitung für ihren Beruf als Lehrerin gewesen. Generell würde es in dem Geraer Sportverein sehr familiär zugehen. Dies sei nicht überall der Fall, betont die gebürtige Cottbuserin, die 1995 beim RK Endspurt 09 Cottbus die hohe Kunst des Radfahrens erlernte. Bei ihrem einstigen Verein in der Lausitz konnte sie beizeiten Erfolge feiern. Bereits 1996 holte sie ihre erste Medaille, erreichte bei den Deutschen Meisterschaften der U15 1997 einen siebten Platz. Von 1999 bis 2001 gehörte sie zur Deutschen Nachwuchs-Nationalmannschaft im Radsport.

"Ich wollte schon immer Rennrad fahren."
(Melanie Lenk, Trainerin)


"Ich war schon immer ein kleines Energiebündel und irgendwie unausgeglichen, wenn ich mich nicht sportlich betätigen konnte", erinnert sich Lenk. Ihre kleine Schwester habe immer darunter leiden müssen und gestöhnt, wenn sie Zuhause war und sich beim Training nicht auspowern konnte: "Da habe ich sie ganz schön genervt."

Doch die Leidenschaft für die Zweirad-Materie wurde bei Lenk, die sich selbst als "Bergfloh" bezeichnet und deren bevorzugtes Terrain fordernde Anhöhen sind, schon viel früher geweckt. Wenn vielleicht auch unbewusst. Da war der Opa, der nur zu gern davon berichtete, wie er einst mit dem Fahrrad den Watzmann erklomm. Und dann gab es da noch jene andere Begebenheit in ihrer Kindheit, die mit den Familienurlauben an der Ostsee einherging. Denn für die erholsamen Tage im hohen Norden mietete sich die Familie immer in der Wohnung einer Frau ein, deren Tochter eine Radsportlerin war und in deren Zimmer die zukünftige Sportlerin auf diverse Radsport-Utensilien stieß: "Das hat mich damals sehr fasziniert." Später, als sie dann schon kräftig in die Pedale trat, zierte indes ein Poster von Miguel Indurain, dem fünfmaligen Tour-de-France-Gewinner, eine Wand in ihrem Kinderzimmer in Cottbus. Der Spanier habe sie damals sehr beeindruckt. Nach dem Abitur stand sie schließlich vor der Wahl: Profikarriere oder Studium. Sie entschied sich für die Universität.

Letztlich war es Zufall, dass sie ausgerechnet an der Elster landete. Zuvor verschlug es sie für ein Pharmazie-Studium nach Berlin. Doch die trockene Laborarbeit war nicht so ihr Ding. Die Radsportlerin, die zudem auch als Kampfrichterin und Anti-Doping-Beauftragte tätig ist, entschloss sich für ein Lehramtsstudium für Geografie, Biologie und - natürlich - Sport. Doch in Leipzig, ihrer ersten Wahl, war der Termin für den sportlichen Eignungstest bereits abgelaufen. Also ab nach Jena. Einmal in Ostthüringen angekommen, wollte sie ihre Tätigkeit als Kampfrichterin wieder aufnehmen, suchte den Kontakt zur Thüringer Radsportszene. Und wie das Schicksal manchmal so spielt, wurde ausgerechnet beim SSV Gera eine Trainerstelle frei. Lenk fackelte nicht lange: "Es war der perfekte Ausgleich zum Studium."

Am Ende wurde ihr Idealismus gar belohnt. Als am 18. Mai die Gesamtsieger der 12. Ostthüringen Tour gekürt wurden, stand einer ihrer Schützlinge auf dem obersten Treppchen: Lucas Küfner. "Das war ein schönes Abschiedsgeschenk." (Marcus Schulze / 24.05.14 / OTZ)

24. Mai 2014 Abschied von Melanie Lenk vom SSV Gera: Opa weckte einst die Leidenschaft.
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