Wissen aus dem Studium mit Erfahrungen aus dem Sport ergänzen.
Radprofi Tina Liebig beendet ihre aktive Laufbahn – künftig Projektleiterin bei Mainzer VG.

07. Dez 2009

Gera. Eine Sache entwickelt sich oft auf andere Weise, als man vorher gedacht hatte. Im Volksmund sagt man: "Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt!"
Erst kürzlich noch in den Schlagzeilen der Wechsel von Tina Liebig vom Team DSB Bank Niederlande zurück nach Nürnberg zum erst neu gegründeten Skyter World Team. Und nun ihr Totalausstieg aus dem Radsport. Wie es bei Tina Liebig zu diesem überraschenden Spurwechsel kam und wie sich die Geografin ihre Zukunft vorstellt, darüber sprachen wir mit der Bergkönigin der diesjährigen Internationalen Thüringen Rundfahrt der Frauen.

Kürzlich erst der Wechsel zum neuen Team, nun der Totalausstieg. Wie kam es zu diesem Wandel?
Das die Entscheidung die aktive Laufbahn zu beenden letztlich so schnell fällt, war nicht zu erwarten. Die Gedanken, sich in Zukunft insbesondere beruflich weiter zu entwickeln, waren schon länger vorhanden und zum Abschluss des Studiums auch sehr aktuell. Der Sport hat mir immer viel bedeutet, aber ich kam auch an den Punkt, wo ich mich entscheiden musste, wie es mit meinem Leben in Zukunft weiter gehen soll und wird. Die Chance noch mal für ein Jahr professionell in einem neuen Team zu fahren, war reizvoll, aber die Chance mit der Kombination Wissen aus dem Studium mit Erfahrungen aus dem Sport ergänzen zu können, war es noch mehr.

Seit wann hatten Sie daran gedacht, mit dem Radsport aufzuhören?
Das war ein Prozess der letzten zwei Jahre. Ich bin jetzt zwei Jahre in den Niederlanden für das Team DSB Bank gefahren und habe dort eine tolle Zeit erlebt. Der Sport hat mir nach schwierigen Jahren noch einmal sehr viel gegeben. Die Leistungen hatten sich zudem sehr positiv entwickelt. Gleichfalls ist das auch ein schöner Moment um aufzuhören, mit einem tollen Gefühl im Gepäck für den weiteren Weg im Leben.

Seit wann war Ihr Ausstieg perfekt?
Die ersten Gespräche begannen Mitte November, das Jobangebot kam schließlich am letzten Donnerstag im November und der Einstieg in den neuen Job fand direkt zum 1. Dezember statt.

Mit welchen Gefühlen haben Sie Ihre Entscheidung getroffen?
Es war ein Wechselbad der Gefühle! Einerseits war es leicht, da das berufliche Angebot sehr verlockend war. Auf der anderen Seite war es schwer, im Kopf zu begreifen, dass ich jetzt wirklich nur noch zum Spaß meine Runde auf dem Rad drehen werde. Da ist auch die eine oder andere Träne geflossen. Die Freude über die neue Perspektive hat aber immer überwogen und damit war die Entscheidung schnell klar.

Wer wusste von Ihrer Entscheidung?
Mein Freund und die Familie wussten stets über den Stand der Dinge Bescheid. Sie haben mich immer unterstützt und hatten stets ein offenes Ohr für alle Entwicklungen. Dafür bin ich sehr dankbar, denn letztlich verändert sich mein Leben jetzt innerhalb kürzester Zeit völlig.

... und wie war deren Reaktion?
Jeder kennt die Situation auf dem Arbeitsmarkt und damit war die Freude, dass sich so schnell eine Chance für einen Berufseinstieg ergeben hat, noch größer. Ich habe wirklich nur positives Feedback erhalten. Besonders von jenen, die mich in den letzten Jahren, auch sportlich, begleitet haben und mit denen ich oft über den Beruf und die Möglichkeiten dort voll einzusteigen, gesprochen habe.

Wie haben es Ihre Eltern aufgenommen?
Sie waren von Anfang an informiert, aber letztlich mit Sicherheit genauso überrascht wie ich selbst. Aber auch von ihnen gab es nur positive Rückmeldungen und Freude für mich. Es war immer klar, dass ich früher oder später aus dem Sport aktiv aussteigen werde, aber der Zeitpunkt war offen. Jetzt ist dieser Zeitpunkt da. Ich bin froh über die Unterstützung und das Engagement, das sie mir in all den Jahren entgegengebracht haben, denn etwas verrückt muss man schon sein für diesen Sport. Sie waren bei den wichtigsten Erfolgen dabei und haben mir auch bei Niederlagen immer zur Seite gestanden.

Wie sieht Ihre berufliche Entwicklung aus?
Ich arbeite jetzt bei der Mainzer Verkehrsgesellschaft mbH, die für den ÖPNV in Mainz zuständig ist. Sie haben dort ein Konzept für den Aufbau eines Fahrradverleihsystems in der Stadt Mainz entworfen, welches es nun zu realisieren gilt. Dafür werde ich als Projektleiterin für die kommenden drei Jahre die Verantwortung übernehmen.

Was hat Sie an dieser neuen Tätigkeit besonders gereizt?
Der Reiz liegt in dem völlig neuen Aufgabenfeld, das vor mir liegt. Dazu bringe ich Wissen zum Medium Fahrrad und Erfahrungen als Sportler mit.

Wird man Sie nun beim Radsport nicht mehr sehen?
Ganz kommt man ja sowieso nicht davon los. Im Herbst habe ich eine Ausbildung für die Trainerlizenz beim Thüringer Radsportverband begonnen. Ich möchte gern meine Erfahrungen und die Begeisterung für den Radsport an den Nachwuchs weitergeben. Und an der Leidenschaft für den Radsport hat sich nichts geändert. So werde ich ganz sicher jetzt als Zuschauer bei dem einen oder anderen Rennen am Rand stehen.

Wie wurde Ihre Entscheidung im Skyter World Team aufgenommen?
Die Reaktion seitens des Teams war ebenso sehr positiv.

Sie waren immer um einen engen Kontakt zu Ihrem Heimatverein, dem SSV Gera 1990 bemüht. Wird sich für Sie nun etwas daran ändern?
Der Kontakt nach Gera wird weiter bleiben, wenn auch in etwas anderer Form. Das wird sich in den nächsten Monaten entwickeln. Für die Ostthüringen Tour 2010 möchte ich gern die Patenschaft beibehalten. Gerald Mortag ist in den letzten Jahren nicht nur als Trainer ein wichtiger Gesprächspartner gewesen. Wir haben auch viele Themen außerhalb des Sports diskutiert und werden weiter in Kontakt bleiben.

Der SSV Gera hat mich in meiner sportlichen, aber auch persönlichen Entwicklung stets unterstützt, da werde ich immer wieder gern zu verschiedenen Rennen kommen und hoffentlich noch sehen, wie in Gera eine neue Radrennbahn gebaut wird. Es ist jetzt der richtige Moment, um allen herzlich für die langjährige Unterstützung zu danken! Die Menschen und ihre tägliche Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen sind sehr bedeutsam für deren Entwicklung. Sie lernen dort für ihr späteres Leben, sich durchzusetzen, im Team zum Erfolg zu kommen und auch in schwierigen Situationen mit Mut und Leidenschaft ihr Ziel zu verfolgen. Und diese Schule dort ist eine für das ganze weitere Leben. (rs)

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