Olympia-Bronze für Geraer Radsportler.
René Enders und Robert Förstemann mit Sieg im Teamsprint über Weltmeister Australien.

07. Aug 2012

Was die gut 6.000 Zuschauer, darunter auch Prinz William und Harry im ausverkauften Velodrom am 2. August 2012 zu sehen bekamen, war an Dramatik, Spannung und Spektakel kaum zu übertreffen. Gleich sechsmal flimmert auf der Anzeigetafel die Aufschrift „World Record“ auf. Und als zum krönenden Abschluss auch noch die britischen Teamsprinter mit dem Idol Sir Chris Hoy, der sich mit seiner fünften Goldmedaille zum erfolgreichsten Radsportler der Olympia-Geschichte aufschwang, auf dem ultraschnellen Holzoval mit einer Fabelzeit zu Gold gerauscht waren, glich die Halle schier einem Tollhaus.

Doch auch der harte gesottene Schotte schien angesichts des überschwänglichen Jubels etwas zu nah am Wasser gebaut zu haben und verdrückte bei der Siegehrung ein paar Tränen.

Gold hatten sich ursprünglich auch die deutschen Teamsprinter vorgenommen, doch das Unterfangen war schon fraglich geworden, bevor es überhaut begonnen hatte. Ausgerechnet der Schweriner Stefan Nimke, der im letzten Rennen seiner Karriere noch einmal nach Gold greifen wollte, musste verletzungsbedingt passen. „Stefan ist am Boden zerstört“, beschrieb Patrick Moster, Sportdirektor des Bundes Deutscher Radfahrer die Situation.

Pech für den Schweriner und Glück für Robert Förstemann. Der Geraer sprang für Stefan Nimke ein, besetzte die Position zwei und Maximilian Levy rutschte von zwei auf drei. Das Team auf Schwung brachte der Geraer SSV-Sportler René Enders vom SWE Sprintteam Erfurt und am Ende wurde Weltmeister Australien im Kleinen Finale bezwungen.

Nach Bronze 2008 in Peking nun wieder Bronze 2012 in London. Vor vier Jahren ohne Robert Förstemann, der als Ersatzfahrer von der Zuschauertribüne aus zuschauen musste, und diesmal war er nun mittendrin. Doch allein sein Start war von Dramatik nicht zu überbieten.

Als Weltranglisten Erster und Weltcup-Gesamtsieger in zwei olympischen Disziplinen im olympischen Jahr, als Teamsprint-Weltmeister 2010, als Teamsprint-Europameister 2010 und 2011, als WM-Vierter 2010 und WM-Fünfter 2012 im Sprint wurde er dennoch nicht für das olympische Trio nominiert. Bundestrainer Detlef Uibel, der selbst sagte, „dass es die schwerste Entscheidung seines Lebens war“, setzte all seine Hoffnungen auf das Trio René Enders, Maximilian Levy, Stefan Nimke, welches ein dreiviertel Jahr vor London in kolumbianischer Höhe zu Gold und Weltrekord raste.

Zu diesem Zeitpunkt stand Robert Förstemann noch als zweitschnellster Anfahrer der Welt im Dienst seines Teams Erdgas.2012. Diesen loyalen Dienst quittierte ihm das Team im Januar 2012 mit der Wahlmöglichkeit zwischen dem weiteren Einsatz seiner bewährten FES-Bahnradtechnik ohne Teamvertrag oder dem Umstieg auf ein neues Rad mit Teamvertrag. Robert ging keine Kompromisse ein, entschied sich für seine bewährte Rennmaschine.

In einer „Nacht und Nebelaktion“ kehrt Robert zurück zu seinem Heimatverein SSV Gera 1990 e.V., erhielt dort die Vereinslizenz, um beim Weltcup 2012 in London als „waschechter“ Geraer an den Start zu gehen. Zum damaligen Zeitpunkt glaubte er noch, sich ins olympische Team zu fahren. Mit René Enders und Maximilian Levy raste er auf der neuen Olympiabahn zu Gold, bezwang Frankreich, die in Bestbesetzung angetreten waren.

Eine Chance, sich zur vorolympischen WM in das Team zu fahren, bekam er nicht. Er sollte erst in die Bresche springen, als das deutsche Trio in der Qualifikation mit einem Zehntel hinter dem Erzrivalen Frankreich lag. Dazu kam es dann aber nicht. Das Team wurde auf Grund eines Wechselfehlers disqualifiziert, wodurch der Geraer nicht mehr zum Einsatz kam.

Bei der Olympiavorbereitung in Bad Blankenburg erhielt Robert Förstemann den Bescheid, dass ihm auch für London, wie schon für Peking, nur die Rolle des Ersatzmannes zufällt. Ein herber Schlag für den 26-Jährigen, der dennoch nicht aufsteckte. Nicht aufsteckte auch deshalb, weil ihm seine Ehefrau, die Familie, seine Freunde, Unterstützer und Sponsoren in Gera und Berlin den Rücken stärkten.

Beim BDR-Lehrgang in den USA erfuhr Robert von seiner Nachnominierung im Einzelsprint. Über eine Lücke im olympischen Regelwerk bestätigte ihn auch der DOSB als Olympiateilnehmer. Ein Traum ging in Erfüllung.

Im olympischen Sprintturnier konnte dann der Geraer nicht in den Kampf um die begehrten Medaillen eingreifen. Für ihn endete das Turnier im Viertelfinale, wo er Denis Dmitriev (RUS) und Jimmy Watkins (USA) in der letzten Runde vorbei lassen musste. Am Ende wurde es ein hervorragender siebenter Platz unter den besten Radsprintern bei Olympia. (rs)

07. Aug 2012 Olympia-Bronze für Geraer Radsportler.
René Enders und Robert Förstemann mit Sieg im Teamsprint über Weltmeister Australien.
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