Erfurt. Die Meldeliste ist rekordverdächtig. Über 350 Teilnehmer aus allen deutschen Bundesländern haben für die 123. Deutschen Meisterschaften im Bahnradsport, die vom 8. bis 12. Juli auf dem neuen überdachten 250 m Zementoval im Erfurter Andreasried stattfinden, ihre Meldung abgegeben.

Unter den 35 Entscheidungen der Elite und des Nachwuchses ragen die Wettbewerbe in den olympischen Disziplinen noch heraus, zumal es an den vier Sommertagen in Erfurt auch um Nominierungen für Weltcuprennen und andere internationale Einsätze geht. "Im Andreasried werden in unserem Verband schon die ersten Weichen für die Olympischen Spiele 2012 in London gestellt", blickt BDR-Vizepräsident Udo Sprenger voraus.

Besonders packende Entscheidungen werden in den Sprintwettbewerben erwartet. "Das wird eine ganz heiße Kiste", orakelt Erfurts langjähriger Trainer Jochen Wilhelm, der seinem einstigen Meisterschützling und jetzigem Nachfolger René Wolff noch beratend zur Seite steht: "Stefan Nimke vom Track Cycling Team Mecklenburg-Vorpommern ist nach seinem WM-Titelgewinn im 1000 m Zeitfahren hoch motiviert und bestens in Schuss, und Robert Förstemann vom Team Erdgas 2012 ist auch jederzeit für das Finale gut". Das Gleiche macht der Erfurter aber auch für zwei Sprinter vom SWE Sprintteam geltend: "René Enders vor Michael Seidenbecher - dieser Finaleinlauf beim Grand Prix in Cottbus spricht für sich und lässt uns hoffen." Dass Seidenbecher schließlich disqualifiziert werden musste, nennt Wilhelm einen Wermutstropfen, "aber der Finaleinzug war allemal gut fürs Selbstvertrauen".

Dritter hinter den beiden war übrigens mit Matthias Stumpf jener junge Berliner, der mit Enders und Seidenbecher in Erfurt den Teamsprint bestreiten wird. Dabei kommt Stumpf immerhin mit der Empfehlung eines deutschen 200 m Rekordes. Auf der legendären Lärchenholzbahn in Moskau Krylatskoje unterbot der Berliner beim Europacup der Sprinter mit 9,922 Sekunden die bisherige Bestmarke von Stefan Nimke um zwei Tausendstel Sekunden.

Stumpf ist also eine echte Verstärkung, Gold ist möglich, aber das Schweriner Trio Wächter, Rackwitz und Nimke sowie das Team Erdgas 2012 mit Förstemann und Bergmann müssen erst einmal bezwungen werden.

Gretsch in Form

Zu den Höhepunkten der Titelkämpfe werden auch die Verfolgerwettbewerbe zählen, in denen Robert Bartko nach Auffassung von Energie-Trainer Jens Lang einmal mehr der große Favorit ist. "Titelverteidiger Bartko hat sich jetzt ganz gezielt auf Erfurt vorbereitet", erklärt Lang, "und es wird wohl sehr schwer sein, den Olympiasieger und Weltmeister zu schlagen. Aber unser Patrick Gretsch hat nichts zu verlieren, im Gegenteil, er kommt ja mit der Empfehlung des Meistertitels im Einzelzeitfahren der U 23 auf die Heimbahn zurück". In Cottbus konnte Lang am Wochenende einen wahren Triumpfzug seines Thüringer Energie Teams feiern: Gretsch gewann vor John Degenkolb, Marcel Kittel wurde Vierter.

In Erfurt setzt Lang auf das Energie-Quartett mit seinen Nationalfahrern Philipp Klein, Partrick Gretsch, Marcel Barth und Sascha Damrow. "Eine Medaille haben wir fest im Visier", erklärt der Trainer, der den Brandenburger Vierer mit Bartko und das Team Baden-Württemberg zu den stärksten Konkurrenten zählt.

Die 123. Deutschen Meisterschaften beginnen am Mittwoch früh 10.00 Uhr mit der Verfolgerqualifikation der Jugend und enden am Sonntagvormittag 11.15 Uhr mit dem Finale im Madison, dem früheren Zweiermannschaftsfahren.

Kurzweil und Spannung zwischen Sprints und Tempojagden verheißen die Steherrennen am Freitag- und Samstagabend. In je zwei Läufen über 25 km und insgesamt 100 Kilometer geht es beim " Andreasried-Doppel" praktisch um die Revanche der deutschen Stehermeisterschaft 2009, die eine Woche vor den Erfurter Titelkämpfen in Leipzig stattfindet.


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